Jugendliche spielen Computerspiele. Viele fühlen sich dabei gerade zu Ballerspielen hingezogen, die in den Augen der Allgemeinheit ein rechtes Schmuddelimage haben. Warum kann es sinnvoll sein, den Schülern an der Schule einen Rahmen für solcherart Spiele zu geben?
Darstellung von Gewalt in den Medien ist ein Thema, was sich vom Alten Testament über Bücher wie "Im Westen nichts Neues" bis hin zur modernen Fernsehberichterstattung und den Computerspielen hinzieht. Eine Strategie, die die Beschäftigung mit diesem Thema vermeidet, sei es durch Ignoranz, sei es durch indiskriminierende Ablehnung (wie war das noch mit dem Alten Testament?), wird meiner Ansicht nach der Verantwortung der Schule gegenüber ihren Schülern nicht gerecht.
Die Jugendlichen spielen Ballerspiele, auch ohne Zutun der Schule. Sie spielen sie zuhause, oft mit geringer elterlicher Kontrolle. Auf den Rechnern auch jüngerer Schüler finden sich nicht selten als jugendgefährdend indizierte Spiele. Soll die Schule dies Thema ganz ignorieren? Oder sieht die Schule ihre Verantwortung auch darin, dieses Hobby der Schüler anzuerkennen und in einen Diskurs darüber einzutreten? Die Schüler kommen auf die Schule zu, wie reagiert sie? Nimmt sie die Möglichkeit, diese Schüler zu erreichen, ernst?
Die Broschüre "Das ist doch (k)ein Kinderspiel - Wo lauern Gefahren beim Spielen im Netz?" vom Weißen Ring stellt fest: "Zwar hatte sich der Täter des tragischen Amoklaufs in einem Gymnasium in Erfurt im April 2002 auch intensiv mit derartigen Computerspielen beschäftigt, aber für die tatsächliche Imitation gespielter Tötungssequenzen in der realen Welt sind indes mannigfache Faktoren verantwortlich, welche sogar im Vergleich mit dem Konsum von Computerspielen im Vordergrund stehen. Eine besonders bedeutsame Ursache für die Tat in Erfurt ist etwa die große Affinität des ehemaligen Schülers des Gymnasiums zu Schusswaffen, wie sie sich in dessen Engagement im örtlichen Schützenverein ausdrückte. Hinzu trat die problematische Verkettung weiterer Faktoren wie etwa das Versagen in der Schule, mangelnde Anerkennung, emotionaler Stau sowie der geringe Kontakt zum Elternhaus und zu Gleichaltrigen (vgl. Fehr/Fritz, medien praktisch 3/02, S. 48 f.)."
Weist die Schule Schüler, die Ballerspiele spielen, ab, läuft sie Gefahr, das Gefühl der mangelnden Anerkennung zu verstärken und die Schüler in die vereinzelung zurückzustoßen. Eine gemeinsam veranstaltete LAN-Party hingegen fördert die Kontakte der Schüler untereinander, sie sammeln soziale Erfahrungen und übernehmen, wo in Teams gespielt (und u.U. auch trainiert) wird, auch Verantwortung. Die Schüler werden mit ihrem Hobby anerkannt.
Gleichzeitig werden auf einer Schulveranstaltung Rahmenbedingungen geschaffen, die sich von der typischen LANparty, die bei den Schülern daheim in "sturmfreier Bude" statfindet, deutlich unterscheiden: es gibt keine Zigaretten und keinen Alkohol, es gibt keine jugendgefährdenden Spiele, und trotzdem werden (so hoffen wir) hinterher alle ihren Spaß gehabt haben. Ohne das Angebot der Schule werden diese Schüler solch eine Erfahrung nicht machen können.
Ich fände es schade, wenn die Schule diese Gelegenheit aus eigenen Vorurteilen über die Spiele der Jugendlichen (und aus Angst vor den Vorurteilen anderer) nicht ergreifen und darauf aufbauen würde.